26. April 2024
Herausfordernde Zeiten für die Wärmepumpe?
Ein Interview über die Vorteile der Wärmepumpentechnologie, die momentane Marktlage und wie sich politische Vorgaben auf die Verfügbarkeit und Attraktivität von Wärmepumpen auswirken.


Alexander Sperr
Bundesverband Wärmepumpe (BWP) e.V.
Alexander Sperr, Jahrgang 1968, studierte nach seiner Ausbildung zum Zentralheizungs- und Lüftungsbauer an der Technischen Universität Berlin Gebäudetechnik.
Neben seiner Tätigkeit als Technischer Laborleiter des Labors für Raumluft- und Klimatechnik an der Hochschule Biberach in den Jahren 2001-2008 hatte er dort auch einen Lehrauftrag für Strömungstechnik und arbeitete ebenfalls als Dozent im Energiemanager-Lehrgang der IHK Akademie Schwaben für die Fächer Wärmebedarfsberechnung, Heizungstechnik, Solartechnik und Prozesswärme.
Danach war er Fachgebietsleiter „Hauswärmetechnik, Lüftung und Klimatisierung“ beim BDEW – Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e.V. und bei der HEA – Fachgemeinschaft für effiziente Energieanwendung e.V. in Berlin. 2013 wechselte er als Referent Normung und Technik zum Bundesverband Wärmepumpe (BWP) e.V. und ist seit 2023 freier Berater des BWP. Alexander Sperr ist Mitglied in mehreren Richtlinien- und Normungsgremien von VDI, DIN und CEN.
Wie effizient sind Wärmepumpen im Vergleich zu herkömmlichen Heizsystemen, insbesondere in Bezug auf die laufenden Kosten und den Energieverbrauch?
Beim Energieverbrauch muss man unterscheiden, welche Art Energie gemeint ist. Politisches Ziel ist die Senkung von Primärenergie, in ihr sind Aufwände für die Förderung, die Aufbereitung und den Transport des Energieträgers enthalten. Den Kunden interessiert eher die sogenannte Endenergie, das ist die Energie, die vom Strom- oder Gasversorger oder vom Ölhändler gekauft wird, also beispielsweise die Kilowattstunde Strom oder Gas. Bezüglich des Endenergieverbrauchs sind Wärmepumpenheizungen unschlagbar, denn mit einer Kilowattstunde Strom kann ein Mehrfaches an Wärme erzeugt werden (je nach Anlagensystem und Wärmepumpentyp etwa das 3 bis 5-fache oder sogar mehr)
Bezüglich der Verbrauchskosten wirkt sich derzeit noch der relativ hohe Strompreis ungünstig aus, fossile Energieträger und auch Biomasse werden allerdings durch die CO2‑Bepreisung in den nächsten Jahren größere Preissteigerungen erfahren. Schon heute haben gut geplante Wärmepumpenheizungen geringere Verbrauchskosten als fossile Vergleichssysteme, und die Anforderungen des Gebäudeenergiegesetzes sind ohne weitere Maßnahmen erfüllbar.
Welche Voraussetzungen muss mein Haus erfüllen, um eine Wärmepumpe installieren zu können (z.B. Dämmung, Heizkörper/Fußbodenheizung)?
Oft wird behauptet, dass Wärmepumpen nur in gut gedämmten Häusern mit Fußbodenheizung vernünftig funktionieren bzw. im Altbau gar nicht eingesetzt werden können. Hier lohnt sich allerdings ein genauer Blick auf das konkrete Gebäude. Oft ist der Wärmeschutz gar nicht so schlecht, meist sind schon irgendwelche Maßnahmen an der Gebäudehülle durchgeführt worden. Das Entscheidende ist allerdings die notwendige Vorlauftemperatur. Kann die Heizkurve so eingestellt werden, dass an kalten Wintertagen eine Vorlauftemperatur von 55 °C ausreicht, ist eine Wärmepumpenheizung gar kein Problem. Oft sind die vorhandenen Heizkörper so überdimensioniert, dass sie ausreichen, ggf. müssen einzelne Heizkörper durch größere ersetzt werden. Auch wenn etwas höhere Temperaturen notwendig sind, bedeutet das noch kein Aus: Wenn die elektrische Zusatzheizung für wenige Stunden im Jahr mitarbeiten muss, fällt das kaum ins Gewicht.
Welcher Platzbedarf ist notwendig?
Der Platzbedarf für eine Wärmepumpe ist vergleichbar mit dem von anderen Heizgeräten. Bei der Außenaufstellung einer Luft-Wasser-Wärmepumpe benötigt man etwas Platz im Freien, aber nur wenig innerhalb des Gebäudes, denn dort befindet sich nicht der eigentliche Wärmeerzeuger, sondern lediglich Bauteile der Anlagenhydraulik, der Regelungstechnik und ggf. ein Pufferspeicher.
Die Absatzziele bei Wärmepumpen für 2023 wurden bei weitem nicht erreicht? Anvisiert waren 500.000 Wärmepumpen, verkauft 360.000 Geräte. Was ist hier passiert und was wird seitens der Politik und der Industrie getan, um wieder mehr Fahrt aufzunehmen?
Vermutlich waren falsche Signale aus der Politik ursächlich: zum einen führte die Ankündigung neuer Förderprogramme zu Attentismus, zum anderen wollten vermutlich viele Kunden noch vor Inkrafttreten des GEG eine fossile befeuerte Heizung einbauen, um nicht unter die neuen Anforderungen zu fallen. Die Verkaufszahlen von Öl- und Gaskesseln im letzten Jahr belegen das: der Absatz von Ölkesseln hat sich 2023 verdoppelt, der von Gaskesseln stieg um ein Drittel auf 790.000 Stück. Allerdings war der Absatz von Wärmepumpen mit einem Plus von etwas über 50 % nicht gerade schlecht.
Warum sinken die Preise für Wärmepumpen eigentlich nicht? Trotz höheren Produktionszahlen sind die Preise nach wie vor hoch, was viele Hausbesitzer abschreckt oder zumindest dazu führt, dass sie den Austausch ihrer alten Heizung auf die lange Bank schieben.
Das dürfte mehrere Gründe haben: Knappheit von Rohstoffen, Metallen, Halbleitern etc., dazu kommt, dass die Wärmepumpenfertigung trotz steigender Stückzahlen weitgehend noch nicht automatisiert ist. Insgesamt sind die Geräte auch deutlich komplizierter als ein Brennwertkessel. Durch die Änderung der gesetzlichen Grundlagen auf europäischer Ebene waren auch neue Entwicklungen in Richtung anderer Kältemittel notwendig.
Bisher war das Wärmepumpengeschäft von deutschen und europäischen Herstellern geprägt? Ist die Konkurrenz aus Asien zu fürchten? Warum sollte ich mich als Hausbesitzer für einen deutschen bzw. europäischen Anbieter entscheiden?
Asiatische, vor allem japanische Wärmepumpenhersteller sind seit vielen Jahren auf dem deutschen Markt vertreten und produzieren auch in Deutschland. Viele dieser Hersteller haben ihre Wurzeln in der Klimatechnik, viele bieten vor allem Splitgeräte an. Alle Wärmepumpen, die in der EU auf den Markt gebracht werden, müssen die europäischen Anforderungen beispielsweise an Effizienz und Produktqualität erfüllen, man muss also keine Angst davor haben, minderwertige Produkte zu kaufen. Vorsicht ist eher bei billigen Internetangeboten geboten, wenn keine klare Produktdeklaration zu finden ist. Letztlich entscheidet oft nicht der Hausbesitzer über das Produkt, sondern der Installateur, der sich auf einige wenige Hersteller spezialisiert hat.
Was sollte ich noch beachten, wenn ich mich für eine Wärmepumpe entscheide, hinsichtlich Planung, Installation und Betrieb?
Von größter Bedeutung bei Wärmepumpenheizungen ist eine fachkundige und korrekte Planung und Dimensionierung. Es sollte unbedingt eine Heizlastberechnung durchgeführt werden, um die Heizleistung zu ermitteln. Schädlich bei Wärmepumpen ist eine Überdimensionierung - diese führt zu einem Taktbetrieb, der die Lebensdauer des Kompressors stark verkürzen und die Effizienz der Anlage deutlich verschlechtern kann. Günstig sind lange Laufzeiten der Wärmepumpe, deshalb ist in den meisten Fällen ein Pufferspeicher zu empfehlen. Für Planung und Errichtung der Anlage wählt man vorzugsweise einen Betrieb mit Wärmepumpenerfahrung, im besten Fall haben Planer und Installateur einen Sachkundenachweis nach VDI 4645. Die VDI 4645 ist eine Planungsrichtlinie für Heizungsanlagen mit Wärmepumpen, für die mehrtägige Schulungen angeboten werden.
Gibt es Referenzprojekte oder Fallbeispiele, an denen ich mich orientieren kann?
Viele Praxisbeispiele findet man in der Referenzobjekte-Datenbank des Bundesverbands Wärmepumpe.