1. Oktober 2024

Wärme-, Verkehrs- und Stromwende im Ländervergleich

Das Ziel, Treibhausgas-Emissionen bis Mitte des Jahrhunderts auf Null zu reduzieren, ist in Gefahr. Ein Vergleich von vier europäischen Staaten zeigt, dass Dänemark und Norwegen im Vergleich mit Großbritannien und Deutschland bei der Wärme- und Stromwende wohl gut vorankommen.

Energiewende Europa
© Sumanley/ pixbay

Wer das Ziel der Klimaneutralität rechtzeitig erreichen will, muss die Etappenziele im Blick haben. In der Stromversorgung müsste die Energiewende beispielsweise schon 2035 vollzogen sein. „Neben Emissionsdaten brauchen wir deshalb Frühwarnindikatoren, die Rückschlüsse erlauben, ob sich die Infrastruktur passgenau entwickelt und politische Vorgaben und Maßnahmen eine Beschleunigung unterstützen“, sagt Christof Schiller, Governance-Experte der Bertelsmann Stiftung und Leiter der Sustainable Governance Indicators (SGI).

Eine Untersuchung des Forschungsinstituts für Nachhaltigkeit – Helmholtz-Zentrum Potsdam (RIFS) und der Bertelsmann Stiftung soll einen Evaluationsansatz für Elektrizität, Individualverkehr und Gebäudewärme liefern, der nachhält, wie nah Staaten dem Ziel der Klimaneutralität gekommen sind, wo sie ausgebremst werden und welche Möglichkeiten sie haben, mehr Tempo aufzunehmen. Der Ländervergleich zeigt, dass es in jedem Sektor mindestens ein Land gibt, das große Fortschritte erzielt hat: Dänemark und Norwegen schreiten schnell bei der Strom- und Wärmewende voran. Norwegen schickt sich an, die Umstellung zur individuellen E-Mobilität abzuschließen. Deutschland und UK haben bei der Wärme-, Verkehrs- und Stromwende viel aufzuholen. Eine Dekarbonisierung bis 2050 ist somit machbar, wenn politische Ziele, Vorschriften und Infrastrukturänderungen besser abgestimmt werden.

Für eine beschleunigte Umstellung der Stromversorgung in Deutschland bräuchte es Ziele für den Ausbau der Verteilungsnetze, der Stromspeicherkapazitäten und eine verbesserte Zielabstimmung im Bereich Übertragungsnetze. Auch Großbritannien bräuchte solche Zielvorgaben und eine Strategie für den Ausstieg aus der Gaserzeugung. Dänemark profitiert von klaren Zielen und könnte die Umstellung 2029 abschließen. Norwegens Stromversorgung ist bereits dekarbonisiert.

Angesichts hoher Preise für E-Autos und fehlender Ladesäulen ist ein kurzfristiger Anstieg der E-Mobilität in Deutschland unwahrscheinlich. Der Rückgang des Anteils der Verbrennungsmotoren, reicht aktuell nicht, um Emissionsfreiheit bis spätestens 2045 zu gewährleisten. Auch Dänemark und Großbritannien bräuchten konsistentere Strategien. Norwegen ist europaweit führend bei der E-Mobilität, der Verkaufsanteil von E-Autos könnte schon 2025 100 Prozent erreichen. „Norwegen profitiert davon, dass das Land offensiv finanzielle Anreize für emissionsfreie Fahrzeuge gesetzt hat“, sagt Thorsten Hellmann, Wirtschaftsexperte der Bertelsmann Stiftung. 

Im Bereich Gebäudewärme müsste Deutschland, den jährlichen Einbau von Wärmepumpen verdoppeln, um seine Klimaziele bis 2030 zu erreichen. Auch Großbritannien liegt bei der Wärmewende weit zurück. Dänemark liegt dagegen auf Kurs bei der Umstellung auf emissionsfreies Heizen, Öl- und Gaskessel sind seit 2013 verboten. Norwegen wird bis 2030 eine Marktabdeckung mit Wärmepumpen von 100 Prozent erreichen.

Unsere Meinung: In der Untersuchung werden z. T.  "Äpfel mit Birnen" verglichen, was vorallem für einen Vergleich mit Norwegen gilt. So sind Norwegen und auch Dänemark wohlhabendere Länder als Großbritnien und Deutschland.  Norwegen hat mit 5,5 Millionen Einwohnern wenige Einwohner – aber ein hohes Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf, das fast doppelt so hoch ist wie in Deutschland. Norwegen hat dies zum Großteil seinen Öl- und Gasvorkommen zu verdanken. Der durchschnittliche Norweger kann sich problemlos ein teures Elektroauto leisten, der Tesla Modell Y ist nicht umsonst das meistverkaufteste Auto in Norwegen.

Außerdem nutzt Norwegen hauptsächlich Strom aus Wasserkraft für Heizen und Wohnen. Norwegen produziert fast 84 Prozent seines Stroms mit Wasserkraftwerken. Daher auch der schon seit Jahrzehnten hohe Anteil von Elektroheizungen bzw. Wärmepumpen. Deutschland hat hier auf Kernkraft und Gas aus Russland gesetzt, was jetzt dazu führt, das ein kompletter Umbau des Energiesystems durchgeführt werden muss. Man kann hier vielleicht fehlende politische Weitsicht bemängeln. Ein Vergleich hinkt trotzdem! 

Richtig ist, dass wir in Deutschland für eine Umstellung der Stromversorgung eine verbesserte Zielabstimmung und Bürokratieabbau brauchen, um den Ausbau der Verteilungsnetze und  der Stromspeicherkapazitäten deutlich zu beschleunigen. 

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