17. November 2024
Ein zweites Leben für Windenergieanlagen?
Tido Hagen von der Hochschule Bremerhaven hat im Rahmen seiner Masterarbeit das Potenzial von Windenergie für die erste grüne Eisenmine Namibias untersucht. Dabei ging es auch um die mögliche Nutzung älterer Windkraftanlagen aus Deutschland.
Die Produktion von Eisen gehört zu den Industriezweigen mit den höchsten Treibhausgasemissionen. Daher gilt die Umstellung auf erneuerbare Energien als wichtiger Schritt im Kampf gegen die globale Erwärmung. In Namibia soll die erste „grüne“ Mine entstehen, bei der vor Ort klimaneutral produzierter Wasserstoff für die Herstellung von Eisenschwamm verwendet wird. Ob sich dort neben Photovoltaik auch Windenergieanlagen wirtschaftlich betreiben lassen, hat Tido Hagen im Rahmen seiner Masterarbeit für das Unternehmen HyIron – Green Technologies LTD untersucht. Dabei ging es auch um die Frage, ob ältere Anlagen aus Deutschland bei der Umstellung helfen können.
Immer mehr Unternehmen weltweit verpflichten sich, durch die Umstellung ihrer Produktionsprozesse einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Der Einsatz erneuerbarer Energien ist dabei ein wichtiger Baustein. Gerade in der Stahl- und Eisenproduktion gibt es großes CO2-Einsparpotenzial. Das Unternehmen HyIron – Green Technologies LTD möchte in Namibia unter Verwendung von Wasserstoff sogenannten direktreduzierten Eisenschwamm herstellen. Die benötigte Energie soll in Form von Photovoltaik (PV) und Windenergieanlagen (WEA) direkt am Projektstandort produziert werden. Eine Infrastruktur für Solarenergie ist aktuell im Aufbau. Aber lohnt sich auch der Ausbau der Windenergie vor Ort? Mit dieser Fragestellung hat sich Masterabsolvent Tido Hagen im Rahmen seiner Abschlussarbeit beschäftigt. „Mit Windkraft als Ergänzung zur Photovoltaik könnte nicht nur mehr Energie erzeugt werden, sondern auch der Zeitraum der Eisenschwammproduktion ausgedehnt werden“, sagt er.
Second Life Betrieb
Ein wichtiger Aspekt, wenn es um die Umstellung auf erneuerbare Energien geht, ist die Wirtschaftlichkeit. Hier kommt der Second Life Betrieb ins Spiel. Aktuell werden Windenergieanlagen in Deutschland regulär zwanzig Jahre lang betrieben. Dann endet die Förderung nach dem Erneuerbare- Energie- Gesetz und die Unternehmen stehen vor der Entscheidung, die Anlagen entweder zurückzubauen oder weiter zu betreiben. Auch ein Repowering, bei dem alte Anlagen durch neue und leistungsstärkere ersetzt werden, ist möglich. Eine Form des Weiterbetriebs von Anlagen ist der Second Life Betrieb. Dabei werden sie zunächst ab-, dann aber an einem neuen Standort wiederaufgebaut. Dies ist eine ressourcenschonende und vergleichsweise günstige Möglichkeit, die erneuerbaren Energien auszubauen. „Am Projektstandort in Namibia gibt es bisher keine Erfahrungen mit Windenergietechnik. Da macht es Sinn, zunächst mit günstigeren, gebrauchten Anlagen zu arbeiten, statt direkt in neue zu investieren“, sagt Tido Hagen. Zusätzlich müsse allerdings berechnet werden, welche weiteren Kosten entstehen, zum Beispiel für den Ausbau der Netzkapazitäten. Diese fließen dann ebenfalls in die Wirtschaftlichkeitsprüfung ein.
Potenzial wird per Simulation ermittelt
Um das Potenzial von Windenergie am Standort in Namibia zu messen, hat Tido Hagen mit einer Simulation gearbeitet. Dabei werden mithilfe eines Computerprogramms zum Beispiel Satellitendaten zu Windströmungen und dem Gelände vor Ort ausgewertet. So lässt sich errechnen, ob der Bau eines Windparks sinnvoll ist und in welcher Größe. „Für die Berechnungen ist wichtig, wie es vor Ort aussieht. Dabei geht es nicht nur um die Frage, ob es dort bergig oder küstennah ist, sondern auch um den Bewuchs. Auch die Temperaturen spielen eine Rolle. Man versucht, alle Details einfließen zu lassen. Für den Standort in Namibia war das leider nicht so einfach, da die Datenlage sehr dürftig ist“, erklärt Tido Hagen.
Die fehlenden Daten sorgen auch dafür, dass die sich die Energieerträge aus Windkraft nur schwierig per Simulation ermitteln lassen. Es bestehen Unsicherheiten, die großen Einfluss auf das Ergebnis haben. „Die Simulation zeigt, dass das Windpotenzial moderat ist, weshalb auch die zu erzielenden Energieerträge überschaubar sind. Außerdem zeigt die Analyse der Tagesverläufe des Windangebots, dass ein Großteil des gesamten Energieangebots in den Stunden zwischen 8 und 18 Uhr auftritt. Im Gegensatz zu den für Deutschland typischen Tagesverläufen ändert sich diese Charakteristik auch in den höheren Höhenlagen zwischen 100 und 200 m nicht. „Das bedeutet, dass die Nutzung von Windenergie im Projekt trotz der verhältnismäßig geringen Investitionskosten nicht so wirtschaftlich interessant ist wie ursprünglich angenommen.“, fasst Tido Hagen sein Ergebnis zusammen. Damit liefert er dem Unternehmen wichtige Erkenntnisse, für das Projekt. Jedoch: „Damit wirklich eine Entscheidung getroffen werden kann, müssten noch Windmessungen vor Ort stattfinden, um auf eine bessere Winddatenbasis zurückgreifen zu können“, ergänzt er.