29. Februar 2024

Digitalisierung kann 2030 mehr als 70 Millionen Tonnen CO2 einsparen

Digitale Technologien können wesentlich dazu beitragen, dass Deutschland seine Klimaziele im Stichjahr 2030 erfüllt. Wie die neue Bitkom-Studie „Klimaeffekte der Digitalisierung“ zeigt, kann der jährliche CO2-Ausstoß in Deutschland 2030 um rund 73 Millionen Tonnen reduziert werden, sofern die Digitalisierung beschleunigt wird.

Digitalisierung
© Shahadat Rahman - unsplash.com

Die Bitkom-Studie „Klimaeffekte der Digitalisierung“ wurde vom Beratungsunternehmen Accenture durchgeführt. In der Studie wird anhand dreier Projektionen zum künftigen CO2-Austoß untersucht, welchen CO2-Effekt der Einsatz digitaler Lösungen in den besonders relevanten Sektoren Energie, Gebäude, Industrie, Verkehr und Landwirtschaft hat. Erstens eine pessimistische Projektion hoher CO2-Emissionen im Jahr 2030, zweitens eine optimistische Projektion niedriger Emissionen u.a. durch eine 85-prozentige Deckung des Strombedarfs durch erneuerbare Energien. Im Folgenden werden die Klimaeffekte der Digitalisierung auf Basis einer dritten Projektion mittlerer CO2-Emissionen betrachtet. Sie bewegt sich mittig zwischen der pessimistischen und besonders optimistischen CO2-Projektion.

Welcher CO2-Ausstoß geht von den digitalen Technologien selbst aus? Auch diese Frage wird von der Studie beantwortet. Der Betrieb der Technologien, aber auch von Endgeräten wie Bildschirmen, Computern oder Tablets sowie der Betrieb der Netzinfrastruktur und der Rechenzentren verursachen mittelbar CO2-Emissionen. Wird die Digitalisierung beschleunigt vorangetrieben, wird der CO2-Fußabdruck der digitalen Technologien in den fünf Sektoren im Jahr 2030 in der mittleren der drei betrachteten Projektionen bei 3,8 Millionen Tonnen liegen. Setzt sich die Digitalisierung im bisherigen Tempo fort, liegt er bei 2,1 Millionen Tonnen.

Die Ergebnisse der Sektoren im Überblick:

  • Energie: Im Energiesektor entfalten digitale Technologien das größte CO2-Einsparpotenzial. Hier lassen sich bis zu 26,4 Millionen Tonnen CO2 bei einer beschleunigten Digitalisierung und 24,5 Millionen Tonnen CO2 bei einer Standard-Digitalisierung im Jahr 2030 einsparen. Ausschlaggebend sind hier zum einen Smart Grids, also intelligente Stromnetze, in denen Stromerzeugung und -verbrauch präzise gesteuert werden können. Sie nutzen Sensoren, Smart Meter und Echtzeit-Datenverarbeitung, um Angebot und Nachfrage nach Energie dynamisch auszugleichen. Zum anderen liegt hohes Einsparpotenzial in der smarten Produktion erneuerbarer Energien. Mithilfe digitaler Technologien wird die Energiegewinnung aus erneuerbaren Quellen zuverlässiger und effizienter. So können etwa bei Solaranlagen die Paneele je nach Sonneneinstrahlung durch den Einsatz intelligenter Steuerungssysteme und Algorithmen optimal ausgerichtet und geneigt werden. Windräder können so die Windgeschwindigkeiten und -richtungen analysieren und die Position und Winkel ihrer Rotorblätter anpassen.
  • Gebäudesektor: Ein Zuhause, das die Heizkörper automatisch herunterstellt, wenn ein Fenster geöffnet wird, ein Büro, das die Klimaanlage je nach Wetterverhältnissen und Anzahl der anwesenden Personen intelligent regelt: Smart Homes und intelligente, vernetzte Gebäude können viel Energie einsparen. Bei einer Standard-Verbreitung smarter Gebäudetechnologien im privaten und gewerblichen Umfeld können laut Bitkom-Studie in 2030 rund 12,4 Millionen Tonnen CO2 eingespart werden. Bis zu 18,3 Millionen Tonnen sind es, wenn die Verbreitung smarter Technologien beschleunigt vorangetrieben wird. 
  • Industrie: In der industriellen Fertigung lassen sich bis zu 12,7 Millionen Tonnen CO2 bei einer beschleunigten Digitalisierung im Jahr 2030 einsparen – und 5,6 Millionen Tonnen bei einem Standard-Digitalisierungstempo. Eine maßgebliche Technologie ist zum einen die Automatisierung in der Produktion, bei der Anlagen und Maschinen, Werkstücke und ihre Bauteile miteinander vernetzt sind und Prozesse selbstständig unter möglichst geringem Material- und Energieeinsatz ablaufen. Zum anderen sorgt der sogenannte Digitale Zwilling für erhebliche CO2-Einsparungen: Diese virtuellen Abbilder von kompletten Produktions- und Betriebszyklen machen es möglich, dass Verfahren zunächst am digitalen statt am realen Objekt durchgeführt werden – so können massiv Material, Energie und Ressourcen gespart werden. 
  • Verkehr: Bis zu 9,3 Millionen Tonnen CO2 bei einer beschleunigten Digitalisierung und bis zu 3,5 Millionen Tonnen CO2 bei einer Standard-Digitalisierung könnten im Jahr 2030 im Verkehrssektor eingespart werden. Potenziale liegen vor allem in einem digitalen Verkehrsnetz und einer digitalen Verkehrsoptimierung, bei der etwa Sensoren an der Straße oder GPS-Systeme in Autos Echtzeit-Daten liefern, mit denen Ampeln geschaltet, Verkehrsströme umgeleitet oder öffentliche Transportmittel verstärkt werden können. Bis zu 5,5 Millionen Tonnen CO2 können auf diese Weise eingespart werden. Eine smarte Logistik, die Leerfahrten von Lkws vermeidet und Frachtrouten optimiert, ist ebenfalls ein bedeutender Hebel.
  • Landwirtschaft: U.a. die Herstellung von Düngemitteln erfordert große Mengen Energie. Ein erheblicher Teil des Düngers erreicht nicht die Pflanzen auf dem Feld, sondern landet auf unbepflanzten Stellen und belastet oft das Grundwasser. Mithilfe digitaler Applikatoren und einer Analyse des Bodens können diese unerwünschten Effekte drastisch reduziert werden, indem Düngemittel präzise und punktgenau an den Pflanzen aufgebracht werden. Ein großer Effekt kann auch in der Nutztierhaltung erzielt werden. So können etwa digitale Tierhaltungssysteme den Gesundheitszustand und das Fütterungsmuster von Rindern oder Schweinen überwachen. So lassen sich nicht nur Krankheiten früher erkennen, sondern vor allem Methanemissionen reduzieren. Insgesamt lassen sich durch den Einsatz der genannten Technologien in der Landwirtschaft bis zu 6 Millionen Tonnen CO2 bei einer beschleunigten und bis zu 3,5 Millionen Tonnen CO2 bei einer Standard-Digitalisierung einsparen.

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